Mischpult

Der Begriff Mischpult fungiert zugleich als Bild und Metapher auf der einen Seite und als konzeptionelle Beschreibung des Materials auf der anderen Seite. Das Wort Mischpult bezeichnet hier sowohl als Metapher als auch als Materialbeschreibung das von Maike Plath entwickelte Gesamt-Konzept Demokratischer Führung und ist als Begriff geschützt.

Als Metapher beschreibt der Begriff den zugrundeliegenden Gedanken, dass jeder Mensch hier als Mischpult verschiedenster individueller Handlungs- und Gestaltungsmöglichkeiten verstanden wird. Diese individuellen Handlungs-und Gestaltungsmöglichkeiten sind als „Kanäle“ eines Mischpults zu verstehen. Entsprechend diesem Bild kann jeder Mensch seine eigenen „Kanäle“ jeweils von „Null“ (Veto), über „sehr einfach“ bis hinauf nach „sehr komplex“ selbstbestimmt steuern.

Ziel des konzeptionellen Ansatzes ist es, den Beteiligten ihre jeweils unterschiedlichen Handlungs- und Gestaltungsmöglichkeiten (Mischpult-Kanäle) aufzuzeigen und sie schrittweise dazu zu ermächtigen, die eigenen Kanäle selbstbestimmt auf einer Skala von „einfach bis komplex“ zunehmend autonom und versiert und in Richtung zunehmender Komplexität und Qualität auf ein gemeinsames Ziel hin zu steuern.

Dies geschieht durch die kontinuierliche Arbeit nach konkret ausformulierten Prinzipien und mit dem Mischpult, das als Bezeichnung auch das Material selbst meint: die verschiedenen Karten (Methodenrepertoires: Materialkästen, erschienen im Beltz Verlag, auch Theatrales Mischpult), die in ihrer Gesamtheit – in immer wieder neuen Zusammenstellungen und Anordnungen – das gemeinsame Referenzsystem bilden, auf das sich eine Gruppe in ihrem Gestaltungsprozess bezieht und das als gemeinsamer Wissens-Pool durch die Weiterentwicklung der Gruppenmitglieder ständig wächst.

Die Karten (das Material) werden auf dem Boden ausgebreitet, ständig durch weitere neue Karten ergänzt, und repräsentieren das Bild des „Mischpults“:

Alle Gruppenmitglieder haben zu jeder Zeit individuellen Zugriff auf das gemeinsame Wissen (Open-knowledge-Prinzip) und können nach dem Prinzip der individuellen „Kanal-Steuerung“ zu immer neuen, individuellen Erkenntnissen und Gestaltungsmöglichkeiten gelangen. Diese werden wiederum in einem ritualisierten Verfahren ständig reflektiert – sowohl in Form der Selbstreflexion (angeleitetes Achtsamkeitstraining), als auch im ständigen Austausch mit den anderen („Format: Gespräch unter Freunden“ von „sehr einfach“ bis „komplex“).

Auf diese Weise wird das Fach- und Erfahrungswissen der Gruppe über größere Zeiträume hinweg zunehmend komplexer und „in einen Raum der unendlichen Möglichkeiten potenziert“.

Das gesamte Konzept folgt dem konzeptionellen Drei-Schritt:

1 Gemeinsames Ziel formulieren

2 Erfahrungsspielraum eröffnen mit Zugangsmöglichkeiten auf einer Skala von „einfach bis komplex“

3 Konkrete Regeln und Rituale für eine ständige eigene und gegenseitige Reflexion des Erlebten und Erfahrenen (Orientierungsmarken sowohl für die Selbstreflexion als auch die ständige Reflexion mit den anderen).

Darüber hinaus basiert das Konzept auf folgenden Prinzipien:

A Gemeinsames, flexibles Referenzsystem, Open Knowledge Prinzip

B LOW FLOOR, WIDE WALLS, HIGH CEILING

C Ritualisiertes Regelsystem zur Etablierung einer einschließenden Kommunikation und Wertekultur

D Schrittweise Vermittlung (von „einfach bis komlex“) der Koordinaten Demokratischer Führung und wechselnde Übernahme von Verantwortung (Führung)

Erläuterung des Dreischritts und der Arbeits-Prinzipien: 

Es wird ein gemeinsames Ziel formuliert, das es gemeinsam zu erreichen gilt.

Es muss selbstverständlich sein, dass dieses Ziel nur erreicht werden kann, wenn alle in ihren verschiedenen Potentialen bestärkt und auf das Ziel hin konstruktiv und frei agieren können.

(Das würde bedeuten, dass „schnell laufen“ nicht besser ist als „langsam laufen“ – oder als „fahren“, dass rechnen nicht besser ist als malen, usw.)

Wie aber können verschiedenste Facetten und Potentiale aller Beteiligten sichtbar werden? – Indem wir nach der Ausformulierung eines gemeinsamen Ziels ein breites Erfahrungs- und Experimentierfeld eröffnen. Damit ist folgendes gemeint:

Die Gruppe muss ermächtigt werden, auf das Ziel hin eigene Strategien zu entwickeln, wie sich jeder einzelne sinnhaft und konstruktiv in das Gemeinsame einbringen kann. Und zwar von den Bedingungen ausgehend, die jede*r individuell mitbringt.

Dafür braucht es folgende konzeptionelle Grundvoraussetzungen:

Dies ist erstens ein flexibles und damit immer weiter ausbaufähiges gemeinsames, für alle transparentes Referenzsystem, auf das sich alle Gruppenmitglieder beziehen, das sie selbstständig weiter entwickeln und über das sie miteinander kommunizieren können.

Zweitens braucht es ein ritualisiertes Regelsystem auf der Basis einer einschließenden Werte-Kultur, das jeglicher Kommunikation und jeglichem Handeln aller Beteiligten eine Form, einen Sinn und eine Richtung gibt.

Und drittens braucht es ein Konzept der Demokratischen Führung. Dieses muss schrittweise an alle Teilnehmenden vermittelt werden und macht es möglich, dass alle Phasen des Prozesses klar geführt ablaufen – aber durch jeweils unterschiedliche Menschen, die nach klaren und transparenten Regeln zeitweise Verantwortung für alle übernehmen.

Nach Ziel und Erfahrungsspielraum ist die Reflexion die dritte große konzeptionelle Koordinate dieses Konzepts: Von Beginn an lernen alle Beteiligten anhand klarer Regeln, wie sie den Prozess in einem ständigen Austausch miteinander reflektieren können. Durch die Reflexion werden Wissen und Erfahrungen ständig gemeinsam weiterentwickelt.

Für alle konzeptionellen Instrumente gelten die Prinzipien LOW FLOOR, WIDE WALLS und HIGH CEILING. Das bedeutet, dass grundsätzlich beim Einfachen individuell begonnen werden kann (LOW FLOOR), dass grundsätzlich unendlich viele Kombinations- und Gestaltungsmöglichkeiten bereitstehen (WIDE WALLS) und dass zu jeder Zeit bestehendes Wissen übertroffen werden und neue Entdeckungen gemacht werden können.

Durch das Konzept der Demokratischen Führung, das die Gruppenmitglieder schrittweise auf einer Skala von „einfach bis komplex“ ermächtigt, selbst die Führung und somit Verantwortung zu übernehmen, wird es möglich, dass die Gruppen ihre Lern- und Gestaltungsprozesse auf der Basis aller vorhandenen Potentiale eigenständig führen und somit von jeglichem normorientierten Denken und von äußerer Bewertung unabhängig sind.

Die Gruppenmitglieder finden situations- und kontextabhängig individuell heraus, was sie zur Bewältigung der nächst anstehenden Herausforderung brauchen und wie sie Probleme lösen können. Diese Lösungen können weitaus kreativer sein und weit über das hinausgehen, was in Schule bisher denkbar ist.

Publikation zum Gesamtkonzept: „Befreit euch! Anleitung zur kleinen Bildungsrevolution. Theorie und Praxis.“ 2017, ISBN-13: 9783746014494