Vier demokratische Führungs-Joker: Tempo – Klarheit – Verantwortung – Veto

Die vier demokratischen Führungs-Joker sind eine Erfindung (Maike Plath), um jegliche Arbeits- und Lernprozesse von Anfang an demokratisch gestalten zu können und sich dabei auf einer Sachebene zu verständigen (in Abgrenzung zur Beziehungs- oder Appell-Ebene, Friedemann Schulz von Thun).

Jedes Mitglied der Gruppe hat jederzeit die Möglichkeit, über diese vier Führungs-Joker zu verfügen und damit anzuzeigen, wo innere Grenzen überschritten werden. Die vier demokratischen Führungs-Joker gelten nicht nur beim Spiel »Wahrheit oder Pflicht«, sondern grundsätzlich in allen Phasen des gesamten Prozesses:

Tempo: Wenn eine Spielerin den Arbeitsprozess als zu langsam bzw. langweilig oder unterfordernd empfindet, darf sie an die jeweilige Person, die führt, »Tempo!« zurückmelden. Auf diese Weise erfährt die Führung, dass diese Spielerin mehr Input braucht.

Klarheit: Wenn ein Spieler etwas nicht versteht, sei es akustisch, sprachlich, inhaltlich, oder weil die Formulierung undeutlich oder zu kompliziert erscheint, darf der Spieler »Klarheit« zurückmelden und die Führung auf diese Weise auffordern, sich deutlicher oder anders auszudrücken. Der Führungs-Joker »Klarheit« bedient den Aspekt der Barrierefreiheit: Wenn ich etwas nicht verstehe, ist das nicht meine »Schuld«, sondern liegt in der Verantwortung der Führung, die so kommunizieren muss, dass die Mitglieder der Gruppe alle partizipieren können (Prinzip wie beim Ball-Warm-up: Nicht derjenige, der den Ball nicht fängt »hat Schuld«, sondern derjenige, der den Ball »so schlecht geworfen hat« – natürlich ist diese »Schuldfrage« humorvoll zu sehen. Dennoch handelt es sich hier um ein grundlegendes Prinzip: Wer führt, trägt die Verantwortung dafür, dass alle verstehen, was die Führung vermitteln will. Die Führung kann diese Kompetenz dadurch immer weiter trainieren, dass sie ehrliche Rückmeldungen von den anderen Gruppenmitgliedern erhält. Diese Rückmeldungen sind nicht als Kritik, sondern als Hilfestellung und wertvolle Information zu sehen.

Verantwortung: Wenn eine Spielerin das Gefühl hat, dass Aufträge, persönliche Ansprache und/oder Anweisungen die inneren Grenzen anderer Spieler*innen überschreiten, diese sich aber vielleicht nicht trauen, rechtzeitig »Veto!« einzufordern, dann darf diese Spielerin »Verantwortung!« rufen und der jeweiligen Führung auf diese Weise signalisieren, dass hier eventuell Grenzen überschritten werden und die Anweisungen modifiziert oder abgeschwächt werden sollten.

Veto: Jede und jeder einzelne Spieler*in kann zu jeder Zeit einen Auftrag oder eine Anweisung ohne Begründung verweigern.

Erst dadurch entsteht der innere Freiraum, sich auf Neues und Fremdes einzulassen und sich zu trauen, Risiken einzugehen.

Die vier demokratischen Führungsjoker sind Karten des Theatralen Mischpults. Sie können aber in allen Lehr- und Lernprozessen in allen Fächern, Kontexten und Lernprozessen angewandt werden. (Die vier Karten befinden sich im »Methodenrepertoire für Tanz und Bewegung«, Beltz 2017.)