Ein guter Vorfahre sein – Bildung for the long now!

Wer “Zurück in die Zukunft” von Steven Spielberg gesehen hat, weiß, dass es Spaß machen kann, über den Faktor Zeit nachzudenken. Was irgendwelche Menschen zu einem bestimmten Zeitpunkt sagen oder tun, kann eine große Wirkung auf das Leben der später Geborenen entfalten.

Es sind immer wieder einzelne Menschen, die etwas anstoßen, was zu ihrer Zeit vielleicht noch nicht sichtbare Wirkung zeigte – aber sich auf das Leben der nächsten Generation auswirkte. Sowohl im Guten wie im Schlechten.

Dass wir heute unsere Kinder nicht mehr prügeln, sie als Babys nicht mehr schreien lassen und insgesamt ein Bewusstsein für die Psyche von Kindern entwickelt haben, ist einzelnen Menschen zu verdanken, die sich gegen damals herrschende „Gewissheiten“ gestellt und sich – auch gegen Widerstände – für ein fortschrittlicheres Denken eingesetzt haben.

Umgekehrt wissen wir natürlich – insbesondere in Deutschland – auch, welche fatalen Wirkungen „schlechte Vorfahren“ auf die nachkommenden Generationen haben können.

Wir selbst aber sehen uns leider häufig nur als ohnmächtige Erfüllungsgehilfen eines „Systems“, das wir (kleinen Menschen) nicht ändern können. Wie ist es dann aber zu erklären, dass sich Systeme über den Verlauf von Jahrhunderten immer wieder ganz erheblich verändert haben? Wenn nicht (ganz normale, „kleine“) Menschen diese Veränderungen angestoßen haben, WER DENN DANN? Der heilige Geist?

Wir verfriemeln uns in unwichtigen Kleinigkeiten, denken an den nächsten Tag, das nächste Problem und verheddern uns in den angeblichen „Pflichten“ des nervigen Alltags. Wir denken: Ich kann ja nix tun. Die Welt, die Schule, die Politik, die Menschen SIND eben so.

Oder – wenn wir dann endlich mal den Mut fassen, etwas anders zu machen, dann sagt eine*r „Das geht nicht!“ oder „Das ist ja Schwachsinn!“ und „Schwups“ kippen wir zurück aufs innere Sofa, denken „Siehste? Aber ich HABE es versucht“ und alles bleibt (so Scheiße), wie es war.

Hey, was ist los mit uns??? Ein bisschen Power und Begeisterung müssten wir schon noch aus unserer Energie-Schüssel kratzen – sonst wird das nix mehr – mit der Bildung „for the long now“!

Deswegen jetzt die Geschichte von dieser seltsamen Uhr, die uns an die vergehende Zeit erinnern soll – „The clock for the long now“ (unter diesem Titel auch im Netz zu finden):

Da gibt es Leute, die gerade eine riesige, mechanische Uhr in einen Berg bauen. Diese Uhr wird so konstruiert, dass sie 10 000 Jahre lang (mechanisch!) bestehen und funktionieren kann. Zum Vergleich: Stonehenge gibt es erst (!) seit 4 1/2 tausend Jahren.

Wenn wir Stonehenge anschauen, haben wir das Gefühl: Krass, da haben sich irgendwelche Leute wirklich was gedacht und schon vor so langer Zeit. Wie abgefahren, dass also schon vor so langer Zeit Menschen sehr intelligente Dinge gedacht und erschaffen haben. Die sind auch morgens aufgestanden, haben Probleme gehabt, Beziehungen geführt, gearbeitet, nachgedacht und etwas gebaut, das über ihre eigene Lebenszeit hinaus so lange Bestand hat.

Die Uhr, die jetzt für die nächsten 10 000 Jahre konstruiert wird, mag uns sinnlos erscheinen. Sie ist aber eine Erinnerung daran, dass es weitergeht mit den Menschen und der Welt, wenn wir schon lange tot sind.

Diese Uhr wird noch da sein, wenn es Europa, Amerika, China, Russland vielleicht gar nicht mehr gibt. Und alles, was wir jetzt im Alltag so wichtig nehmen, auch nicht. Wenn alles weg ist, was wir kennen – und wir selbst schon lange nicht mehr da sind.

Warum denken wir bei so vielen Dingen von der Vergangenheit her – oder denken GAR NICHT? – statt von der Zukunft her? Was wäre in die Zukunft gedacht das Beste? Im Bereich Bildung? JETZT? Was könnten wir tun, was wirklich nachhaltig POSITIVE Wirkung zeigen könnte?

Angeblich ist das ja allen Menschen im Bereich Bildung ständig bewusst. Angeblich denken ja alle immerzu an die Zukunft… Die ganz angesagten Wörter sind „Nachhaltigkeit“ und „Verstetigung“ – allerdings wird in meiner Wahrnehmung genau das – nämlich echte Nachhaltigkeit und Verstetigung – konsequent und unermüdlich – verhindert. Und das mit großer Emsigkeit und Mühe… Wir arbeiten NACHHALTIG auf immer größer werdende soziale Ungerechtigkeit hin und haben keinen Plan, was die zweite große „Industrielle Revolution“ betrifft – nämlich die durch Künstliche Intelligenz. Aber klar: Tun wir einfach weiter so, als lebten wir im letzten Jahrhundert.

Frage: Was MACHEN wir eigentlich im Moment?? Wieso prökeln wir weiter in diesem bürokratisierten und perspektivlosen Klein Kein herum?

Handeln wir im Moment so, dass spätere Generationen sagen: Das waren gute Vorfahren? Die haben wirklich was Nachhaltiges, Sinnvolles auf den Weg gebracht? Was uns so richtig geholfen hat, besser zu leben? IM ERNST???

Ich glaube, wir könnten bessere Vorfahren sein.

Wir sind Angsthäschen, die nicht so richtig Lust haben, sich mit den Auswirkungen der größten gesellschaftlichen Veränderung seit der Industriellen Revolution – nämlich des digitalen Zeitalters – zu beschäftigen und die sich einreden, dass es sinnvoller ist, den eigenen Gemüsegarten und das Privatleben zu pflegen – und resigniert das eigene Kind auf die ständig länger werdenden Wartelisten der Waldorfschulen zu setzen.

Warum bauen wir im Bereich Bildung keine „Uhr, die 10 000 Jahre lang Bestand hat“? Warum denken wir nur bis morgen und bis zur nächsten Zeugniskonferenz?

An etwas zu bauen, das in der Zukunft Bestand haben und das Leben vieler Menschen verbessern könnte, fühlt sich viel viel sinnvoller an, als sich über die Schwierigkeiten des kleinen privaten Alltags zu ärgern und sich dabei wie ein Opfer zu fühlen.

Also schlage ich vor: Lasst uns mal versuchen, gute Vorfahren zu werden. Im Moment wäre gerade ein ziemlich guter Zeitpunkt dafür… Wir müssen gar nicht an die nächsten 10 000 Jahre denken. Aber die nächsten 100 wären schon mal ein Anfang…

Mein konstruktiver Vorschlag dazu: Flächendeckend demokratische Führung vermitteln und zum Selbst-Denken und verantwortlichen Handeln erziehen!

Hierzu die neue Folge 17 bei „Rede mal ordentlich, Frau Plath!“