Medizin für mehr Menschlichkeit – Fernsehserien und Filme

Eine gute Fernsehserie ist nicht nur unterhaltsam. Sie kann auch noch mehr. Sie trägt im besten Fall ein Stück weit zum Weltfrieden bei. Vielleicht.

Bei allem, was ich derzeit lese, habe ich den Eindruck, dass uns immer mehr die Menschlichkeit abhanden kommt. Der Mord an einem 15-jährigen Mädchen wird skrupellos ausgenutzt, um gegen Menschengruppen zu hetzen und den Hass zu schüren. Nur EIN Beispiel für das komplette Verschwinden von Menschlichkeit und Solidarität. Derzeit erleben wir täglich neue weitere Beispiele – oder müssen in der Zeitung davon lesen – und deswegen braucht es hier in diesem Text keine weiteren Beispiele mehr. Wir haben sie alle im Kopf.

Für die AFD und alle Menschen, die sich dieser Geisteshaltung anschließen, ist die „Flüchtlingskrise“ offenbar ein großes „Geschenk“, denn nun können sie ihre eigene Frustration endlich wieder an einer klar umrissenen Menschengruppe auslassen. Endlich hat der deutsche Frust-Mensch, egal ob „kleiner“ oder „großer“ „gebildeter“ Bürger, wieder ein Feindbild, auf das die eigene innere Hässlichkeit/Unzufriedenheit/Lebensenttäuschung drauf projiziert werden kann.

Wer sich einer Geisteshaltung wie der der AFD anschließt, kann Menschen ganz offensichtlich nicht mehr als Menschen betrachten und hat jegliches Mitgefühl verloren. Von Solidarität ganz zu schweigen.

Ich bin darüber zunehmend verstört. Trotzdem machen wir mit unserer Arbeit unbeirrt weiter, denn man darf den Mut nicht verlieren.

Neulich dachte ich: Vielleicht sollten die Leute mehr Fernsehserien schauen.

Denn wer sich nicht mehr in die Perspektive eines anderen Menschen hineindenken kann, dem kann eine gut gemachte Serie vielleicht noch den ein oder anderen Horizont eröffnen. Dort tauchen wir in die Innen- und Außenwelten anderer Menschen ein, bekommen plötzlich ein sehr klares Bild davon, wie sich das Leben von russischen Agenten in den 80-er Jahren in den USA wohl angefühlt haben könnte (The Americans), das von Kleingangstern in den 30-Jahren (Peaky Blinders) oder heute in Neukölln (4 Blocks) oder oder oder. Inzwischen gibt es zu fast jeder Lebenswelt eine entsprechende Serie und sie werden immer besser.

Ich meine das nur halb im Scherz. Die wichtigste Kompetenz, die uns derzeit scheinbar abhanden kommt, ist die Fähigkeit, uns menschlich einzufühlen in die „anderen“ und dabei zu erkennen, dass wir als Menschen alle dieselben Grundbedürfnisse, Erwartungen, Hoffnungen und Ängste haben.

Wir zeigen morgen keine Fernsehserie, aber unseren Film „Amers Geschichte“. Und da kann man sich eine Stunde lang einfühlen, wie es einem geflüchteten Jugendlichen aus Syrien hier in Deutschland geht, was er erlebt, hofft und träumt und wie ER auf seine Situation blickt. 60 Minuten Eintauchen in den Kopf eines anderen Menschen:

Das kann morgen Abend machen, wer Lust dazu hat und neugierig ist, wie sich das Leben aus anderen Perspektiven als der eigenen heraus anfühlt  –

Im Moviemento Kino am Kottbusser Damm um 20 Uhr.

Und auch insgesamt bleiben wir in diesem Sinne dran – und hoffen, dass euch das ermutigt, ebenfalls „dran zu bleiben“. Verzweifeln nützt ja nix. Wir sehen uns.

„Ich habe zuviel Hass gesehen, als dass ich selber hassen möchte“.

(Martin Luther King)