Geht nicht gibt`s nicht. Abenteuer Film und andere Einsichten zur Premiere am 14. Juni 

So! Nach meinem „Durchdrehen-Text“ hier noch mal ein paar ernstere Worte zu unserem kommenden Projekt am Heimathafen:

Diesen Donnerstag (14. Juni) haben wir Premiere im Heimathafen und der Puls ist auf 180. Viele von euch werden da wahrscheinlich schmunzeln und denken: Wie immer halt… aber nee. Es ist NICHT wie immer.

Also erstens: Ich glaube, ich kann sagen, dass ihr in dieser Produktion die Jugendlichen so seht, wie ihr sie noch nie gesehen habt – persönlicher und gleichzeitig „abgefahrener“ – in der Figur, die sie jeweils für sich entwickelt haben.

Aber zweitens möchte ich eben hier AUCH vom Scheitern sprechen. An anderer Stelle. Die Jugendlichen sind NICHT gescheitert. Aber ich. Und das kam so:

Wir haben dieses Jahr etwas Neues versucht. Und zwischendurch stand so manches Mal alles auf der Kippe. Und wir wussten nicht mehr weiter. Wir wollten einen Film drehen UND Theater machen UND eine Geschichte erzählen UND natürlich ALLES partizipativ.

Tja, und das hat nicht immer geklappt – also das mit dem „IMMER alles partizipativ“: Es gab Momente, in denen mir der Arsch auf Grundeis gegangen ist und ich gemerkt habe: Film ist ein Monster – und es geht nicht ALLES partizipativ. Und das war schwer auszuhalten, denn was diesen Aspekt der Machtverhältnisse angeht, bin ich inzwischen über-sensibilisiert:

Ich sehe in meiner täglichen Arbeit, was tatsächliche Partizipation an unendlichen Möglichkeiten aufmacht und wie wichtig das ist – genau jetzt in unseren gegenwärtigen Zeiten. Und dennoch musste ich bei all dem, was wir uns vorgenommen hatten, an manchen Stellen meinen Anspruch an hundert-prozentige Partizipation aufgeben.

Denn wie gesagt: Film ist ein Monster. Ein Ungeheuer. Mit vielen (unvorhergesehenen) Tentakeln. Die einen ganz im Ernst verschlingen bzw. zerdrücken können. Haben wir jetzt erlebt. Check.

Wir haben uns diesem Monster gestellt – aber wir wären auf der Strecke geblieben, hätten wir nicht an der ein oder anderen Stelle mal gesagt: „So – und hier ist jetzt „Ende Gelände“. Hier müssen wir entscheiden und handeln, sonst gehen wir unter.“

Denn wir waren schon zu weit ins Dickicht vorgedrungen, es gab keinen Weg zurück – außer, zu sagen: „Dieses Projekt ist zu groß. Dieses Projekt geht nicht“. Wir hätten hinschmeißen müssen. Aber: „Geht nicht“ gibts ja nicht. Also sind wir weiter gegangen.

Und dass die Jugendlichen diesen Weg mit gegangen sind, das wiederum hat mit Partizipation zu tun. Denn alle Jugendlichen bei uns wissen, dass sie jederzeit Veto machen können. Sie alle sitzen inzwischen ziemlich sicher im Sattel der Selbstbestimmung, die sie ansonsten von uns kennen.

Und so harrten sie dann auch mal einen ganzen Tag auf einer Wiese in Marzahn im Regen aus – ohne mitbestimmen zu können.

Sie wussten: Scheiße, wenn Lukas und Maike jetzt nicht sagen, wo es längs geht, dann sitzen wir hier noch bis 2020 im Matsch. Aber sie haben es mit Humor genommen. Sie verzeihen uns offenbar, dass auch wir mal scheitern.

Und auch der Schnitt. Da habe ich noch keine Lösung, wie 20 Leute schneiden können. Oder anders gesagt: Ob das überhaupt sinnvoll ist. In unserem Fall haben das Lukas und Sinan gemacht. Und ich habe versucht, das Ganze konzeptionell so zu bauen, dass alle mit ihren Geschichten sinnvoll und selbstbestimmt darin repräsentiert sind. Aber ich sehe eben auch, dass ich in diesem Jahr so etwas wie die Quadratur des Kreises wollte. Und dass mit Sicherheit mehr Partizipation möglich gewesen wäre. Aber dann hätten wir anders und viel einfacher anfangen müssen. Mein Fehler.

Und dafür, dass wir uns einem so hierarchisch angelegten Konstrukt wie dem Filme-Machen dann doch auf so partizipative Weise genähert haben und – mit Abstrichen – dann doch so viele (!) „Das-geht-nicht-partizipativ! – Behauptungen“ in diesem Feld widerlegt bzw. als Lüge entlarvt haben – darauf sind wir stolz. Denn von da aus geht noch so EINIGES. Das macht mir gute Laune.

Und – last but not least- wisst ihr ja, dass ich das Scheitern immer als Startpunkt für ein noch „knackigeres Nachdenken und Neuerfinden“ sehe – insofern: Nächsten Herbst geht’s weiter. Und ich freue mich sehr darauf. Wir haben halt nie ausgelernt. Ihr glaubt mir das ja immer nicht – aber ich meine das wirklich ernst: Es ist nie zu Ende – Raus gehen. Scheitern. Neu versuchen. Besser Scheitern. (Macht SO viel klüger, als „alles-immer-schon-zu-wissen“. Skala statt Tabelle…!).

Und jetzt gehen wir in die Theater-Endproben und bis Donnerstag geht’s rund. Und dann sehen wir uns vielleicht dort: Bei etwas Neuem. Bei der Premiere zu „Ich 2“ am Heimathafen Neukölln. Ihr seid herzlich eingeladen.

P.S. Das Film-Projekt „Amers Geschichte“ hat ähnliche Fragen aufgeworfen. Aber da habe ich aus verschiedenen Gründen sehr viel radikaler auf Partizipation gesetzt – weil es möglich war. Doch dazu später mehr. Schaut euch gerne auch „Amers Geschichte“ am 18. Juni im Moviemento Kino am Kottbusser Damm an.

Ich bin gespannt. Gerade durch die zeitgleiche Arbeit an BEIDEN Projekten bin ich im ständigen Ringen um Partizipation doch noch um ein paar interessante Erkenntnisse reicher geworden…

Aber diese Geschichte geht natürlich immer weiter… – Wir sehen uns.