»Living in translation« am Heimathafen

Drei Vorstellungen von »Living in translation« am Heimathafen liegen nun hinter uns. Und das Ganze ist ein großes Fest.

Am ersten Tag der Endprobenwoche, am Montag, dem 6. Mai, sah es noch nicht danach aus. Wie immer warteten wir auf einzelne SpielerInnen, wussten nicht, wo sie waren, ob sie noch kommen würden, und dann stellte sich auch schnell heraus, dass viele ihren Text noch gar nicht konnten. Die erste Proben liefen zäh, stockend. Ich fragte mich im Stillen, ob es diesmal vielleicht doch schief gehen würde.

Aber wieder einmal bewährte es sich, die letzten Tage vor der Premiere »einfach« 10 bis 12 Stunden am Stück nichts anderes zu machen und zu denken als Theater. Die SpielerInnen waren teilweise von 9.30 Uhr bis 19 Uhr mit uns am Heimathafen, obwohl die offizielle Probenzeit nur von 10 bis 16 Uhr angesetzt war. Wir (das Team) kamen nicht vor 22 Uhr nach Hause. Aber es musste ja auch noch das Bühnenbild geklebt, der Lichtplan entwickelt, die Kostüme optimiert werden. Und dann ein ständiges Feilen und Diskutieren an einzelnen Übergängen und Szenen des Stücks. Es erstaunt mich jedes Mal wieder, wie komplex dieser Prozess ist und wie dann aber doch in dieser extremen Intensität am Schluss alles an seinen Platz »fällt«. Am Montag denkt man noch: Das wird nie was. Am Donnerstag scheint ein Jahrhundert vergangen zu sein an erlebter Zeit – und plötzlich stehen die Jugendlichen wie eine Eins auf der Bühne, können ihren Text, strahlen, übertreffen sich selbst – und man glaubt es einfach nicht.

Aber das Schönste ist: Es gehört zu 100 Prozent ihnen. Sie wissen es und platzen vor Stolz, dass ihre (!) Geschichten und ihre (!) Szenen scheinbar für andere so interessant sind, dass fremde Menschen kommen und das sehen wollen.

Eine Kollegin der Alfred-Nobel-Schule, die ihre SchülerInnen natürlich gut kennt, saß am Samstag mit uns und den Jugendlichen nach der Vorstellung im Hof vorm Theater und war bass erstaunt: »Die können ja jetzt alle Deutsch! Das ist ja unglaublich! Die sitzen hier und plappern, dass es eine Freude ist! Das ist ja nicht zu fassen!«

Besonders schön ist diese unbändige Freude, die von den Jugendlichen ausgeht und die sich auf alle überträgt: Auf die Zuschauer, die Gäste, die Freunde. Nach den Vorstellungen ist kaum ein Halten mehr, im Hof vorm Café Rix ist jeden Abend Party, strahlende Gesichter, Lachen, Ausgelassenheit, ungetrübtes Glück und Stolz. Die Jugendlichen wirken ein bisschen wie im Rausch und niemand will diesen Ort mehr verlassen. Als wir um 23 Uhr nach Hause fahren wollen, sitzen immer noch ein paar SpielerInnen strahlend um uns herum und S. fragt halb im Scherz und halb ernst gemeint: Können wir hier nicht übernachten?

Ich weiß genau, was er meint: Warum kann das Leben nicht immer so sein?

Am kommenden Donnerstag vor der nächsten Vorstellung werde ich trotzdem wieder um 16.30 Uhr vorm Bühneneingang stehen und hoffen, dass alle da sind…