Ja, also klar sind wir ja die GUTEN, ne?
Blöd aber: Die anderen denken das auch.
Was tun?
Ich denke: Der erste Schritt wäre, die zunehmende Polarisierung zu stoppen – diesen Wahnsinn von „Richtig“ und „Falsch“, „Gut“ und „Böse“, „Wir“ und „Ihr“.

Und was ist aber mit den Werten? Und wenn wir für bestimmte Werte eintreten wollen? Die halten wir doch für RICHTIG! Und für GUT!
Ok, und zu diesem Paradox schreibe ich jetzt mal was aus der Denke des Veto-Prinzips heraus:
Werte wie Gleichwürdigkeit, Menschlichkeit, Respekt usw lassen sich nicht per Regelplakat „verordnen“. Es ist sogar häufig so, dass wenn wir „das Gute zu sehr wollen“, wir leider eher das Gegenteil bewirken, nämlich Trotz und Abwehr. Das liegt daran, dass, wenn wir aus einer Haltung heraus handeln, in der wir glauben, dass wir „wüssten, was für andere richtig ist“, unbewusst autoritär agieren und damit unser Gegenüber infantilisieren.
(Hierzu findet ihr eine genauere Erklärung in meinem aktuellen Vortrag auf meinem YouTube-Kanal „Rede mal ordentlich, Frau Plath“):
Thema „Selbstwert ist der Schlüssel – Demokratie von innen stärken“ findet sich auf YouTube:
Dies hat dann zur Folge, dass unser Gegenüber im „Kind-Modus“ bleibt (angepasstes, ängstliches Kind, rebellisches Kind – keine Verantwortungsübernahme). Kind-Zustände verhindern nicht nur echte Verantwortungsübernahme, sondern auch echte Lernprozesse und innere Entwicklung.
Das Werte-Quadrat von Ferdinand Schulz von Thun ist ein hilfreiches Instrument, um uns „selber auf die Schliche zu kommen“, wo wir eventuell mit uns selbst oder mit anderen in Fallen geraten, unbewusst moralisierend und/oder autoritär agieren und damit ungewollt Lernprozesse blockieren.

Bei der Arbeit mit dem Werte-Quadrat ist es zunächst einmal wichtig, zu verstehen, dass Worte immer nur das Ende eines langen Denk- und Erfahrungs-Prozesses sind und wir individuell sehr unterschiedliche Vorstellungen von einzelnen Begriffen haben. Daher ist es wichtig, bei der Verwendung von einzelnen Begriffen, Kontext herzustellen und immer subjektiv zu erläutern, was ich gerade beispielsweise mit „Offenheit“ meine. Wo ist dieser Wert für MICH positiv und was wäre dann der toxische negative Wert davon?

Im Gespräch miteinander können wir dann „Bedeutungs-Schnittmengen“ herstellen und eigene Werte-Quadrate finden, die in unserem Alltag hilfreich für uns sein können.
Hierbei ist es sinnvoll von eigenen Widerständen oder Konflikten auszugehen: Wo drückt bei mir der Schuh? In welchen Situationen werde ich selber „moralisch unduldsam“ mit anderen? 😉 Wo empfinde ich Schmerz bzw. Wut? Wo kommt sie her? Welche Ängste und anderen Gefühle liegen eigentlich UNTER meinem „moralischen Thema“? Mit wem und in welchen Situationen taucht dieses „moralische Thema“ auf? Was hat es mit mir zu tun?
Das Instrument des Werte-Quadrats kann uns dabei helfen, unsere Werte und die entsprechenden „degenerierten“ Gegenwerte davon zu finden.

Über die Systematik von Tugend und Schwester-Tugend (oben im Konstruktiven) und ihren entsprechenden toxischen, übertriebenen Gegenwerten (unten im Destruktiven) können wir über die Pfeile von unten rechts nach oben links – und umgekehrt: unten links nach oben rechts – Erkenntnisse darüber gewinnen, in welche Richtung wir LÖSUNGSORIENTIERT und konstruktiv fühlen, denken und handeln können, wenn wir uns im Toxischen und Statischen (unten) verirrt und das Gefühl haben „fest zu stecken“.
In Verbindung mit dem Mischpult zur autoritär geprägten und zur freien, autonomen Persönlichkeit nach Theodor W. Adorno:



…dem Change Triangle:

…und den gruppendynamischen Phasen nach Scott Peck:

…haben wir die Möglichkeit, uns immer sensibler und genauer wahrzunehmen und uns – sobald wir wieder „abgedriftet sind ins Land des inneren Gehorsams“ – selbst zu ertappen und uns wieder ins Konstruktive, Freie und Verbindende zu bewegen.

Als Veto-Trainer:in haben wir darüber hinaus die Verantwortung, selbst so einen Raum zu erschaffen, in dem ANDERE Schritt für Schritt aus wertendem und trennenden Denk- und Handlungsweisen hin zu sich selbst finden und auf dieser Basis zu echter Gleichwürdigkeit und echtem Verbundensein (mit sich und anderen) kommen. (Phase „Gemeinschaft“, siehe Scott Peck).
Das Schwierigste daran ist, dass wir dabei SELBST nicht ins „Moralisieren“ und „in die Regelplakate“ verfallen 😉 – denn dann stürzt der Raum ins Toxische und ins Trennende – und wir erzeugen das Gegenteil von dem, was wir eigentlich wollen!
„Ich bin ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft“. (Johann Wolfgang Goethe, Mephisto in „Faust“).
Genau das Gegenteil ist leider auch gültig: Ich bin ein Teil von jener Kraft, die stets das Gute will und stets das Böse schafft. (!)
Daher geht es beim Veto-Prinzip darum, zu vermeiden, dass Polarisierungen und Wertungen entstehen. Schritt für Schritt arbeiten wir daran, den Selbstwert und „Integritätsmuskel“ aller Beteiligten (inklusive unserer selbst!) immer weiter zu stärken und autoritär geprägte Anteile in uns zu erkennen und diese in freie, autonome Anteile zu transformieren.
Wir erschaffen auf diese Weise Schritt für Schritt die Bedingungen für ein co-kreatives, gleichwürdiges Sinnsystem.

Fokus der jeweiligen Führung muss es sein, beständig den „Raum der Mitte“ immer GRÖSSER werden zu lassen – also verschiedenste Haltungen zu integrieren und autoritär geprägte Polarisierungen („richtig“, „falsch“) aufzulösen.
Eine Veto-Trainer:in arbeitet also – unabhängig von den jeweiligen Themen – IMMER zugleich auch auf der Ebene des „inneren Wachstums“ aller Beteiligten:
An einer Haltung von innerer Stabilität und äußerer Flexibilität (siehe Mischpult Theodor W. Adorno), um einen Raum von “satter und großzügiger Menschlichkeit“ zu erschaffen, in der größtmögliche Verschiedenheit als Bereicherung und Möglichkeit zu innerem Wachstum ALLER erfahren wird.
Dies nicht nur zu WOLLEN und moralisch einzufordern, sondern methodisch sehr genau (!), transparent, geduldig und versiert daran zu arbeiten, dass dieser Wert tatsächlich entstehen kann, ist die größte Herausforderung einer Veto-Trainer:in.

Wenn wir das schaffen wollen, müssen wir den Gedanken aufgeben, dass wir „gute Menschen“ sind – und uns stattdessen mit unseren Mephisto-Anteilen befreunden.
Das heißt: Wir müssen lernen, das an uns zu lieben, was nicht perfekt ist und uns SELBER in allen Facetten annehmen, so wie wir sind. Auch mit all den Anteilen, die wir heimlich an uns abwerten oder „zensieren“ oder für die wir uns schämen (siehe Change Triangle).

So bald wir uns nämlich ertappen, zu glauben, dass wir etwas besser wüssten und anfangen uns über andere moralisch zu erheben, „schlägt Mephisto in uns zu“ – das heißt: Wir müssen ihm (unserem Schatten) zuvor kommen!
Auch diese Arbeit ist übrigens Teil der Ausbildung zur resilienten Veto-Trainer:in!
Und in kurz heißt das:
Wenn du glaubst, ein BESSERER Mensch zu sein, bist du das Gegenteil – vor allem ein Teil von jener Kraft, die stets das Gute will usw… siehe oben…
Ja und: Humor ist schon mal ein guter Anfang…

Mir ist übrigens klar, dass dieser kleine Text mehr Fragen aufwirft, als er beantwortet.

Aber: Das ist ja gerade das Ding: Prozesse passieren beim Tun – nicht beim Lesen. Wenn du Lust hast, all das mal zu erleben und auszuprobieren, dann schau auf unserer Seite, welche Eingangstür zum Veto-Prinzip die Richtige für dich ist: www.vetoinstitut.de
Und hier jetzt noch ein paar Infos zur Ausbildung zur Veto-Trainer:in:
Nach mehreren Durchgängen der Veto-Weiterbildung ist es uns nun endlich gelungen, inhaltlich und strukturell eine grundständige Ausbildung zur Veto-Trainer:in zu ermöglichen und anzubieten.
Der erste Durchgang der Zertifizierung zur Veto-Trainer:in (5 Module a 3,5 Tage) findet derzeit im Seezeit-Resort am Werbellinsee statt. Ein zweiter Durchgang beginnt Anfang 2026 in München in der Villa K am Starnberger See. Die Ausbildung zur Veto-Trainer:in baut auf der Veto-Weiterbildung auf. In fünf weiteren Intensiv-Modulen (jeweils von Do-So) geht es um folgendes:
Ziel: Perspektivwechsel – “Blick von außen“- In die Führung und Verantwortung wechseln
Leitfrage: Was brauche ich, um selbständig mit dem Veto-Prinzip zu arbeiten?

Das Ziel der Zertifizierung zur Veto-Trainer:in ist es, von der Perspektive des eigenen Erlebens und Erfahrens der Instrumente des Veto-Prinzips in die Perspektive der Reflexion und Analyse der Mechanik/Methodik dieses Ansatzes zu wechseln – um bestehende und selbst kreierte Veto-Erfahrungsspielräume planen und durchführen zu können und vor allem die Motivation zu entwickeln, dies auch tatsächlich zu TUN.

Der Fokus richtet sich auf den Ausgangspunkt und zentralen Kern des Veto-Ansatzes:
Auf den Umgang mit Widerstand und Konflikt (in sich selbst – im Innen – und in der Auseinandersetzung mit anderen – im Außen).
Das Verständnis von Widerstand und Konflikt, wo dieser entsteht und warum beim Veto-Prinzip der Schlüssel zur Lösung in der Stärkung des „Integritäts-Muskels“ aller Beteiligten liegt, wird in den ersten beiden Modulen durch die Arbeit mit den Erfahrungsspielräumen, Instrumenten und Mischpulten des Veto-Prinzips vertieft und analysiert (Blick von außen).
Dabei stelle ich sogenannte methodische „Rutschen“ (aufeinander aufbauende methodische Phasen) zur Verfügung, die wir einerseits erleben und erfahren, andererseits mit „Blick von außen“ methodisch analysieren und auf ihre „Mechanik“ hin untersuchen und reflektieren.

Darauf aufbauend geht es dann darum, eigene Baustellen und Herausforderungen im Alltag zu erkennen und für diese Probleme „Lösungsansätze mit dem Veto-Prinzip“ zu entwickeln, zu planen, auszuprobieren und mit anderen zu reflektieren.

Letztendlich ist die Zertifizierung zur Veto-Trainer:in so etwas wie ein „Referendariat 5.0.“, so wie ich es mir GEWÜNSCHT hätte – nämlich quasi ein „Hogwarts“ für Führungskräfte der anderen Art. – Mit der nicht ganz unbescheidenen Mission, den Faschismus in dieser Welt aufzuhalten.

(Manchmal muss man auch mal pathetisch werden. Noch vor zehn Jahren hätte ich mich nicht getraut, sowas zu sagen. Lustig: Jetzt aber dann doch).
