Vom Gehorsam zur Selbstverantwortung – das Mischpult-Prinzip
Maike Plath
Vom Gehorsam zur Selbstverantwortung – das Mischpult-Prinzip
Für meine Mutter. Zum Frauentag.
Zum Frauentag: Es geht nicht nur um die Frauen. Es geht um uns alle.
Ich wünsche uns allen, dass wir folgenden schrecklichen Irrtum erkennen:
Dass unser aller Wunsch, geliebt und gehalten zu sein, dadurch erfüllt werden kann, dass wir versuchen, allen Erwartungen gerecht zu werden, die mit unseren sozial-konstruierten Rollen verknüpft sind.
Das ist ein SCHRECKLICHER Irrtum, der sich irgendwann in unserem Leben bitter rächt.
Alle Versuche, eine perfekte „Mutter“, ein perfekter „Vater“, eine perfekte „Frau“, ein perfekter „Mann“, eine perfekte „Tochter“, ein perfekter „Sohn“ usw usw zu sein, führen irgendwann in einen unsäglichen Schmerz und in einen MANGEL.
Denn wir verlieren uns dabei selbst und erkennen irgendwann, dass ALLES nicht gereicht hat und wir DOCH alleine und ohne Liebe zurückbleiben.
Feminismus bedeutet, dass wir lernen, UNS SELBST zu lieben. Und DAS wiederum bedeutet:
Dass wir uns nicht länger den Rollenerwartungen und gesellschaftlichen Konstruktionen unterwerfen, sondern behutsam und Schritt für Schritt herausfinden, wer wir sind, was uns selber gut tut und was nicht.
Feminismus bedeutet auch, dass wir lernen, unsere eigenen tiefsten Bedürfnisse zu spüren und diese mutig und offen zu leben, auch, wenn wir dann erstmal auf Widerstände stoßen.
Dass wir lernen den existentiellen Konflikt zwischen unserem Bindungs-Bedürfnis und unserem Autonomiebedürfnis liebevoll und selbstbestimmt auszubalancieren, indem wir lernen, NEIN zu sagen, wenn wir nicht wollen – UND aus ganzem Herzen JA zu sagen, wenn wir WOLLEN!
Denn nur, wenn wir lernen UNS SELBST zu lieben und uns trauen, der Mensch zu sein, der wir wirklich sind, entsteht FÜLLE und ERFÜLLUNG. Und nur dann kann echte LIEBE und VERBINDUNG mit anderen entstehen und immer weiter wachsen.
Der psychische Murks, der durch Anpassung und Unterwerfung unter vermeintliche Normen und gesellschaftliche Rollenerwartungen entsteht – aus der Hoffnung heraus, dass wir DANN geliebt und anerKANNT (erkannt) werden – der führt notwendigerweise in eine seelische Sackgasse, an deren Ende eine große Leere und ENT-TÄUSCHUNG steht.
Wir müssen den ANDEREN Weg einschlagen: Den beschwerlichen, aufregenden, mutigen und ERFÜLLENDEN Weg, UNS SELBST zu lieben und zu LEBEN, damit wir DIE ANDEREN spüren, aushalten, verstehen und lieben KÖNNEN.
Und jeden Menschen, der die ersten vorsichtigen Schritte macht, sich von sozialen und gesellschaftlichen Rollenerwartungen zu BEFREIEN und SICH SELBST zu lieben, sollten wir bestärken und feiern. Denn diese Menschen schlagen für uns alle eine Schneise der LIEBE und der FREIHEIT in das Dickicht der ängstlichen Anpassung und der Unfreiheit.
Ich wünschte, liebe Mama, dass du dir das Recht genommen hättest, dieses Wissen zu LEBEN. Ich bin traurig über all den unnötigen Schmerz, den du aushalten musstest. Ich gehe weiter meinen Weg durch das Dickicht und nehme dich mit.
Danke für das, was du in mir möglich gemacht hast. Ich versuche, weiter zu kommen und schicke dir alle Liebe der Welt.