Differenz aushalten schafft Nähe

In meinen Veranstaltungen habe ich immer wieder das hier wahrgenommen: Leute verstecken sich bzw. halten sich zurück, weil sie Angst haben, “das Falsche” zu sagen bzw. “im Diskurs” noch nicht weit genug zu sein.

Ich dachte mir: DAS GEHT JA GAR NICHT!! Das ist ja schon wieder eine Verhaltensweise aus dem “Land der autoritär geprägten Denk- und Handlungsweisen”!

Um zu vermeiden, dass Menschen sich verstecken und zurücknehmen, weil sie vielleicht glauben, dass sie “noch nicht genügen” – sag ich jetzt vorweg immer folgendes: 

Wir treffen uns hier, weil wir ein gemeinsames Ziel haben. Wir möchten, dass WENIGER Gewalt in der Welt vorkommt. Dass Leute gewaltloser miteinander agieren und kommunizieren können – mit MEHR Offenheit, Vertrauen und Wertschätzung.

Wir leben in einer Zeit, wo das, was wir uns wünschen, wieder besonders bedroht zu sein scheint. Aber es ist IMMER bedroht. Und zwar durch Systeme der Angst, Systeme, die autoritär funktionieren. In autoritären Systemen gibt es ein “Richtig” und ein “Falsch”. Das Veto-Prinzip eröffnet das Gegenteil eines autoritären Raumes:

Das Veto-Prinzip erschafft einen gleichwürdigen Raum. Und der beginnt mit dem Veto-Recht. Jede:r Mensch in diesem Raum hat ein grundsätzliches Veto-Recht – immer, zu jedem Zeitpunkt.

Das Veto-Recht ist der Hebel, mit dem wir auf einen Schlag jegliche autoritär geprägten Denk- und Handlungsweisen AUSHEBELN.

Das Veto-Recht beendet auf EINEN Schlag alle sieben Todsünden autoritär geprägten Denkens und Handelns.

Die sieben Todsünden autoritär geprägten Denkens und Handelns sind:

Belohnen.

Bestrafen. 

Beschämen.

Moralisieren.

Manipulieren. 

Sanktion.

Ausschluss. 

Diese sieben Todsünden autoritär geprägten Denkens und Handelns führen zu Selbstwertverlust und Identitätsverlust auf BEIDEN Seiten (bei den Geführten UND bei der Führung). Sie führen zu “Dominanz- und Ohnmachtsgefühlen”, zu “Sieger-und Verlierergefühlen”- kurz sie führen IMMER zu TRENNUNG zwischen Menschen. 

Mit dem Veto-Prinzip gehen wir in einen VERBINDENDEN Raum:

Das Ziel ist VERBINDUNG. Deswegen werden die sieben Todsünden autoritär geprägten Denkens- und Handelns durch die SIEBEN DEMOKRATISCHEN FÜHRUNGSJOKER ersetzt: Veto. Klarheit. Tempo. Verantwortung. Störgefühl. Freispiel. Blick von außen. 

Wie wir ganz konkret mit den sieben demokratischen Führungsjokern einen gleichwürdigen Raum kreieren, werde ich Schritt für Schritt einführen. 

Jetzt starten wir aber erstmal mit dem Veto-Recht, mit dem ich diesen gleichwürdigen Raum eröffne: 

Ab jetzt könnt ihr eure Sorgen und blöden Glaubenssätze, dass ihr nicht genügt oder was falsch machen könnt, hinter euch lassen. DENN: 

Wir haben ein gemeinsames Ziel. Dass Sprache zunehmend sensibler wird, ist auf dem Weg zu diesem Ziel sehr sehr hilfreich! Denn wir lernen facettenreicher zu kommunizieren. Das darf aber umgekehrt jetzt keine autoritär geprägten “Rückwärtsrollen” und “Unterwerfungsreflexe” auslösen:

Auf dem Weg zu MEHR Gleichwürdigkeit und WENIGER Gewalt befinden wir uns im BEWUSSTSEIN darüber alle auf unterschiedlichen Punkten einer Skala.

Das geht auch gar nicht anders. Je mehr ich beispielsweise zum Thema Feminismus lese, desto mehr nehme ich wahr und komme auch mit unangenehmen Gefühlen in Kontakt – oder ich werde traurig, weil mir klar wird, wie ungerecht vieles ist und wie lange Veränderungen zum Positiven dauern und wie fragil und bedroht Fortschritte immer wieder sind.

Wenn mir dann eine Person begegnet, die noch nicht soviel darüber gelesen hat, aber trotzdem das gleiche Unrechtsempfinden und das gleiche Ziel hat, dann ist es wichtig, dass wir uns VERBINDEN und uns trauen ECHT und OFFEN miteinander zu reden – das heißt auch:

Über Gefühle und Wahrnehmungen ECHT zu reden und sich eben NICHT zu ängstigen, so nach dem Motto: „Die weiß aber schon viel mehr über Feminismus und kennt so viele Wörter, und wenn ich was sage, blamiere ich mich bestimmt…“

Denn mit anderen Themen – wie z.B. Rassismus oder Ableismus oder oder oder … bin ICH dann wieder an ANDEREN Punkten auf der Skala und ANDERE “kennen viele Wörter” und ich noch nicht… Aber hey:

Es geht doch bei ALL diesen Themen darum, ENDLICH die TRENNENDEN Sachen zu ÜBERWINDEN und uns zu VERBINDEN!

Darum geht es beim Veto-Prinzip: Autoritäre Denk- und Handlungsmuster IN UNS selbst aufspüren und ÜBERWINDEN und statt dessen GLEICHWÜRDIG mit anderen reden und gestalten – und zwar von da aus, wo ich mich befinde:

Mit meiner ganzen (biografischen) Geschichte, mit meinen Prägungen, Gefühlen, Glaubenssätzen, mit meinem Schmerz und all meinen Sachen, die ich noch NICHT weiß. Denn – klar – MÜSSEN wir ja notwendigerweise auf unterschiedlichen Punkten einer Skala sein! Alles andere wäre – nun ja – totalitär…? 

Und es gibt beim Veto-Prinzip eben KEIN Plakat mit den Regeln und den richtigen Wörtern – sondern es gibt immer mehr geteiltes Wissen und Erfahrungen – und die entscheidenden Sachen sind:

Deine Haltung – wo du HIN möchtest, was du erreichen willst – und der jeweilige Kontext und das gemeinsame Ziel. Und Vertrauen.

Und was wir versuchen, ist: Auf dem Weg zu diesem Ziel zunehmend mehr wahrzunehmen und darüber offen sprechen zu lernen – und zwar mit dem Zweck, VERBINDUNG zueinander zu schaffen und uns miteinander BESSER und stärker und selbstwirksamer zu fühlen.

Es geht gerade darum, immer mehr zu verstehen, was uns alles UNNÖTIGERWEISE trennt und ängstigt, es geht darum, die sieben autoritär geprägten Todsünden im Außen und im Innen zu erkennen und dann GEMEINSAM zu überwinden – und darum, ohne Angst DU selbst sein zu können.