Der menschliche Faktor

Meine Mutter sagt – seit ich denken kann – zum Abschied immer: Bleib gesund und fröhlich. Gestern sagte sie es wieder und mir kamen die Tränen. Zuerst dachte ich: Das liegt eben einfach daran, dass ich nicht mehr fröhlich bin. Corona Heulsuse halt. Und ich wollte den Gedanken verdrängen. Aber dann verfolgte es mich den ganzen Tag: Bleib gesund und fröhlich. Warum sagt das keiner? Warum sagen alle immer nur: Bleib gesund! ? 

Gesund zu sein ist ein Riesen-Geschenk, dessen Wert man erst dann so richtig begreift, wenn man es NICHT mehr ist. Gesund zu sein bedeutet Freiheit. Krank oder in irgendeiner Weise körperlich versehrt zu sein, bedeutet die größte Einschränkung der Freiheit, die ich kenne. Kapiert man aber erst, wenn man – huch?! – plötzlich krank wird. 

Der Mensch kann sich Dinge scheinbar nur schwer vorstellen, wenn er/sie/es selbst nicht gerade akut persönlich betroffen ist. 

Wenn ich im Hochsommer in Berlin meinen Koffer packe, um an die Ostsee zu fahren, erscheint es mir jedes Mal absurd, einen Wollpullover einzupacken. In der Affenhitze kann ich mir einfach nicht vorstellen, dass ich dieses Teil jemals wieder brauchen werde und nur mit größtmöglicher Überwindung, gelingt es mir, den Pullover mitzunehmen. Bis zum Schluss denke ich: Albern. Totale Platzverschwendung im Koffer. Den werde ich NIEMALS brauchen. 

Ein paar Tage später sitze ich dann frierend am Strand und denke: Warum hab ich nicht den wärmeren eingepackt? 

Oder Hunger. Wenn ich pappsatt bin, fällt es mir schwer, im Supermarkt zu entscheiden, was ich einkaufen soll. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich eine Packung Nudeln oder einen Sack Kartoffeln „brauche“. Vielleicht besser nur eine Gurke mitnehmen. Später „muss“ ich dann Pizza bestellen… 

Mit körperlichen Schmerzen dasselbe: Sind sie vorbei, sind sie vergessen. Wozu soll ich jetzt in der Apotheke Geld für Kopfschmerztabletten ausgeben? So schlimm wird’s schon nicht… 

Bei all diesen Sachen hilft nur eins: Das abstrakte Vorstellungsvermögen und – noch wirksamer – die bereits gemachte Erfahrung, dass man dann leider doch mal gefroren hat, hungrig war, Schmerzen hatte. Dann besteht eine höhere Chance, dass wir uns trotz gegenwärtiger Abwesenheit des Problems, so verhalten können, dass wir es SPÄTER wesentlich einfacher damit haben. 

Aber vor allem: Wenn wir selbst mal eine Erfahrung mit Verletzlichkeit gemacht haben, besteht eine höhere Chance für MITGEFÜHL, nämlich dass wir mit anderen MIT FÜHLEN können. Weil wir wissen: UPS, ja: Da war mal was. Das kenne ich auch. Es betrifft mich jetzt zwar vielleicht gerade nicht, aber eins weiß ich noch: Das war schrecklich. Und das wünsch ich keinem anderen Menschen. 

Ist klar, worauf ich hinaus will. Wir müssen gegenwärtig Dinge tun bzw. auf zahlreiche  Dinge verzichten, und einiges davon fühlt sich ziemlich abstrus an. Weil für viele von uns das Problem nur theoretisch vorstellbar ist. Und weil auch nicht klar ist, was von all den Dingen, die wir gerade wie ein großes absurdes Theater aufführen, wieviel nützt. 

Mit dem Ziel des Ganzen geht aber eine große Mehrheit in Deutschland absolut d’accord: So viele wie möglich sollen so gesund wie möglich bleiben. Es gilt unnötiges Leid zu vermeiden. Die meisten können sich dieser Zielsetzung – trotz eigener Einschränkungen im Alltag  – anschließen. 

Ich zum Beispiel bin dankbar, dass ich in einer Gesellschaft lebe, die sich daran messen lassen will, wie sie mit den Schwächeren bzw. Verletzlichen umgeht. Das ist ein Glück. Denn – auch wenn wir es uns nicht vorstellen können, sofern wir bisher unverschämt Glück hatten: Die erschreckende und schmerzhafte Erfahrung von Verletzlichkeit – sei es durch Unglück oder Krankheit oder Unrecht – trifft uns früher oder später alle irgendwann. 

Beruhigend, wenn man dann in einem Land „aufwacht“, indem Mitgefühl und Menschlichkeit Maßstab politischer Entscheidungen sind. Oder zumindest das Handeln der einzelnen Bürger*innen bestimmen. Was in einer Demokratie unter Umständen noch wichtiger ist. 

Also eigentlich alles gut? 

In letzter Zeit gibt es – trotz allen Vertrauens in die Notwendigkeit und Richtigkeit aller Maßnahmen -bei mir persönlich AUCH noch ein leises Störgefühl: 

Was ich zunehmend AUCH wahr nehme ist, dass immer mehr Menschen nicht mehr fröhlich sind. Sogar alarmierend unfröhlich. 

Und da muss ich an meine Mutter denken. Denn ist es nicht so, dass zwischen der physischen und der psychischen Gesundheit ein enger Zusammenhang besteht? 

Erreichen wir das übergeordnete Ziel nicht eventuell viel wirkungsvoller, wenn wir uns – zusätzlich zu unserer Fokussierung auf die physische Gesundheit – jetzt allmählich auch mal anfangen Gedanken zu machen, wie diese Gesellschaft denn auch FRÖHLICH bleiben kann? – In Einklang MIT den Maßnahmen? In Symbiose MIT dem Pandemie-Alltag? 

Ich frage mich im Moment immer häufiger, ob da im Moment nicht gerade etwas anfängt, ins Ungleichgewicht zu geraten. 

Denn woher kommt das, dass immer mehr Menschen, die mal fröhlich waren, es jetzt nicht mehr sind? Und ist das wirklich so der “harmlose Kollateralschaden”, den es mit zusammengekniffenen Pobacken auszuhalten gilt, damit nachher “alles viel toller wird”? So nach dem Motto: Kalt duschen ist gesund? Echt? 

Oder könnte es nicht auch anders sein? Könnten nicht all diejenigen, die immer mehr an Fröhlichkeit verlieren, AUCH zu den Verletzlichen gehören, die es jetzt zu schützen gilt? 

Ich finde es allmählich ein bisschen beunruhigend, dass die Thematisierung der zunehmenden Erschöpfung und Traurigkeit einer ganzen Gesellschaft moralisch als angeblicher Egoismus und bloßes „Feierbedürfnis“ niedergebasht wird. Leute, die im Restaurant sitzen, sind plötzlich so „labile Seelen“, die – wieso DAS denn ?? – AUSGEHEN, um beim Essen und Trinken mit anderen Menschen zu reden! Igitt Pfui Deibel! 

Gesund und stabil und ORDENTLICH DEUTSCH ist heutzutage  Karl Lauterbach, der die heimische Isolation wie den höchstmöglichen Zustand menschlicher Zivilisation abfeiert und dabei irgendwie vergisst, dass nicht alle deutschen Bürger*innen standardmäßig in ihrem Luxus-Zuhause abhängen und begeistert alleine Studien vor sich hin lesen. 

Nee. Im realen Leben verliert im Moment dann doch der ein oder andere Mensch allmählich die Fröhlichkeit, und ich finde schon, dass man da mal hingucken könnte, ob das noch im grünen Bereich oder eventuell schon der Anfang einer kleinen Gesellschafts-Psychose ist.

Und vor allem: WARUM die Leute allmählich traurig werden. 

Neben allen äußeren, offensichtlichen Gründen (Angst vor dem Virus, Angst um die wirtschaftliche Existenz, Angst vor zu viel staatlicher Kontrolle, Angst vor dem Tod) sehe ich noch was anderes, kleineres, was aber vielleicht auf Dauer genauso gefährlich sein könnte: 

Depression wegen Integritätsverlust. Einfacher ausgedrückt: Depression, weil ich die Kontrolle über den Schutz meiner Grundbedürfnisse verloren habe. Und weil mein Leben daher inkohärent geworden ist. Nichts „fließt“ mehr. Alles stolpert. Ich bin „außer mir“, weil ich innerlich ununterbrochen in meinen intuitiven und authentischen Impulsen blockiert werde. 

Woran erinnert mich das? – Das ist dieselbe bockige oder resignierte Verzweiflung wie bei den Jugendlichen damals in Neukölln. Es war dasselbe „Außer-Sich-Sein“, dieselbe Frustration, dass ununterbrochen ihre Integrität verletzt wurde. Als Folge der ständigen Grenzverletzungen waren die Kinder aggressiv (die einen laut und sichtbar, die anderen passiv und nach innen grollend), alle zutiefst traurig und resigniert bzw. auf dem Weg in die innere Emigration bzw. in die äußere Eskalation. 

Auf ihre zahllosen Versuche, die eigene Integrität zu wahren – was als „unverschämtes, unkooperatives Verhalten“ bzw. als offene Rebellion gedeutet wurde, reagierte das System Schule aus lauter Hilflosigkeit autoritär: 

WENN du dies und das jetzt nicht machst, DANN….! 

WENN-DANN! WENN-DANN! WENN-DANN!!! DANN! DANN! DANN! Erste Sanktion. Zweite Sanktion. Dritte Sanktion. Klassenkonferenz. Ausschluss. 

Ups? Autoritäre Pädagogik! Obwohl wir doch eigentlich schon lange WISSEN, wozu das führt. 

(Film-Tipp dazu: „Die Kinder des Monsieur Matthieu“, Buch-Tipp dazu: Herbert Renz-Polster, „Erziehung prägt Gesinnung“). 

Wozu führte das? 

Es führte dazu, dass die Kinder sich untereinander zunehmend hämisch und aggressiv verhielten, dass jeglicher Gruppenzusammenhalt zerbröselte und sie sich zunehmend genussvoll gegenseitig denunzierten. Es war die Hölle. 

Vor allem aber werden durch autoritäre Settings langfristig diejenigen benachteiligt, die in unserer Gesellschaft am verletzlichstem und schwächsten sind. Die antrainierte Unmündigkeit und daraus folgende Ohnmacht wird durch mangelndes soziales und materielles Kapital noch weiter verstärkt und führt zu noch schmerzhafteren psychischen Deformationen und real-sozialen Nachteilen, als bei denjenigen, die solche Kollateralschäden wenigstens noch durch Wohlstand und Privilegien wettmachen können. 

Wenn also kein WENN-DANN, was dann? 

Was hat damals geholfen? 

Augenblicklich jegliche autoritäre WENN-DANN-Pädagogik einzustellen und nach IHREN Bedürfnissen zu fragen. Ihnen dann ein Veto Recht einräumen. (Integritätsraum). Dann erklären (!), was der SINN der Sache ist, die wir gerade machen. Dann ein gemeinsames ZIEL formulieren. Und dann: Schritt für Schritt mit ihnen trainieren, wie sie – auf das gemeinsame Ziel bezogen –  ihr eigenes Wissen und ihre eigenen Stärken einbringen und sich dabei selber steuern können, was ihre BEDÜRFNISSE angeht: Wo kann ich jetzt auf viel verzichten und viel geben – und wo GAR NICHT? Was BRAUCHE ich, damit ich fröhlich sein und deswegen dann auch mitfühlend und  kooperativ mit anderen bleiben kann? – Damit ich SELBST auf eine größeres, gemeinsames Ziel/Problem bezogen Verantwortung übernehmen kann? 

(Die zentralen Grundbedürfnisse sind übrigens: 

BINDUNG, AUTONOMIE, SICHERHEIT, SELBSTWERT, ANERKENNUNG, LUSTBEDÜRFNIS). 

Immer wieder passierte dasselbe Wunder: Aus traurigen, aggressiven und blockierenden Kindern wurden vorsichtig kooperierende und später motivierte, produktive und FRÖHLICHE Kinder. 

Der Trick ist: Wir Menschen sind nicht dazu gemacht, fremdgesteuert zu werden und unsere menschlichen Grundbedürfnisse als unwichtig oder falsch zu unterdrücken. Das macht uns aggressiv oder traurig und insgesamt  unproduktiv. 

Unser Gehirn ist ein Lustorgan. Es braucht viel Abwechslung und Herausforderung – aber nur verkoppelt mit ENTSCHEIDUNGSFREIHEIT und dem Gefühl von Selbstwirksamkeit in KOOPERATION mit anderen. Wir sind Bindungswesen. Am besten sind wir dann, wenn wir der Mensch sein dürfen, der wir sind und dafür anerkannter Teil einer Gemeinschaft sein können: 

Was ist der SINN? (fragt jedes Kind). Und wenn es den SINN einsieht, will es kooperieren und am liebsten mit dem, was es selbst an besonderen Stärken einbringen kann. Und wenn es dann merkt: Ich bin nützlich, die anderen brauchen mich – dann wird es FRÖHLICH. (Und wächst über sich selbst hinaus. By the way).

Was hat das jetzt alles mit der derzeitigen Lage zu tun? 

In „meinem“ Supermarkt steht am Eingang ein Schild: 

Jeder MUSS („muss“ ist doppelt und fett unterstrichen) einen Einkaufswagen nehmen! 

Warum steht da nicht: Bitte helfen Sie mit und nehmen sich einen Einkaufswagen, damit wir den Überblick behalten können, wieviele Menschen sich in unserem Laden aufhalten – wegen der Abstandsregeln. Wir danken Ihnen! – Denn die Lage ist für uns unübersichtlich – aber wenn Sie mithelfen, dann ist sie nicht aussichtslos! 

Es ist eigentlich so einfach, aber wie DIVERSITÄT (als Grundlage für eine funktionierende Demokratie übrigens) funktioniert, ist noch immer nicht so richtig  (in der Politik?, den Institutionen?) angekommen, obwohl man aus der pädagogischen Literatur schon seit Jahrzehnten diesen Zusammenhang hätte erkennen können. 

Wie die Politik, so kennen wir selber das ja auch: Die Angst davor, dass wenn wir ein Stück weit Kontrolle aus der Hand geben und sagen: Deine Bedürfnisse sind wichtig, deswegen hast du jederzeit ein Veto-Recht, um deine Grenzen zu schützen, dass dann alle „durchdrehen“, sich die Masken abreißen und „nur noch Party machen“.

Wir haben Angst vor dem destruktiven Veto, von dem ich bereits aus meinen Schulerfahrungen heraus berichtet habe. Aber wir müssen uns fragen, wo denn die wahre Ursache dafür zu suchen ist: 

Eine ganze Klasse, die sich nach der Einführung des Vetos erstmal in die Ecke schmeißt vor Lachen und „Veto!“, „Veto!“, „Veto!“ schreit und alles torpediert, ist nur ein erschreckend klares Indiz dafür, wie lange sie schon unter ständigen Integritätsverletzungen gelitten haben und wie gedemütigt und gefrustet sie sind. 

Noch klarer ausgedrückt: Je destruktiver sie am Anfang mit dem Veto-Recht umgehen, desto autoritärer sind zuvor die Settings gewesen, denen sie ausgesetzt waren. 

Was also ERST RECHT dafür spricht, allerspätestens JETZT mit dem Veto-Recht zu beginnen, damit wenigstens ab jetzt die Zeit FÜR das gemeinsame Ziel läuft: 

Kooperation auf gemeinsame Ziele hin. 

Je länger Kinder (und auch wir!) brauchen, um ihre (unsere) eigenen Bedürfnisse wieder zu spüren und entsprechend für sie einzutreten, je länger sie brauchen, um zu kooperieren, desto heftiger sind zuvor ihre Bedürfnisse – ihre persönliche Integrität – mit Füßen getreten worden. 

Es nützt deswegen nichts – hat noch NIE genützt – menschliches Verhalten moralisch als „richtig“ oder „falsch“ zu bewerten. Das führt dann nur dazu, dass die Errungenschaften der „Vernünftigen“ (der angepassten KINDER) irgendwann 1:1 – PLUS MINUS GLEICH NULL – von den entgegengesetzten Verhaltensweisen der anderen Gruppe (der rebellischen KINDER) aufgehoben werden. (Ehrlich gesagt: Siehe hierzu auch USA). 

Strenge Regeln, autoritäre Gesten und moralischer Furor führen grundsätzlich zu (kindhafter) Unterwerfung oder Rebellion. NICHT zu erwachsener Kooperation. Die einen fühlen sich überlegen und die anderen werden immer wütender. Was die einen an der einen Stelle aufbauen, reißen die anderen im stillen, heimlichen Protest  – oder mit großer Geste – wieder ein. 

Wenn wir wirklich ein komplexes größeres Ziel erreichen wollen, ist es aus meiner ganz simplen Lebenserfahrung heraus, vollkommen klar, dass es nur funktionieren kann, wenn wir anerkennen, dass jeder Mensch berechtigte, persönliche Bedürfnisse hat. Und dass es tödlich ist, die einen Bedürfnisse moralisch gegen die anderen auszuspielen. 

Studien lesen und die Einsiedelei zu genießen ist NICHT wertvoller, als menschliche Kontakte zu brauchen. Und das ist nur EIN Beispiel. Dadurch entsteht nur Trotz und Scheinkooperation. Wer sich in seinen Bedürfnissen abgewertet sieht, wird nicht kooperieren. 

Und anders als durch Kooperation jedes einzelnen Menschen ist eine so große Krise wie diese nicht zu bewältigen. 

Daher glaube ich, dass wir alle wieder anerkennen sollten, dass wir verschieden sind, verschiedene Bedürfnisse haben und dass wir ganz dringend bei uns selbst anfangen sollten, uns zu fragen: Was brauche ich, damit ich wieder fröhlich bin? OHNE das übergeordnete Ziel zu gefährden. Erst dann komme ich raus aus dem Kind-Modus und rein in eine selbstbestimmte, kooperative Haltung.

Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, mich verantwortlich zu verhalten und niemanden zu gefährden und gleichzeitig meine wichtigsten Bedürfnisse im Blick zu behalten. Und dann kann ich wieder liebevoll schmunzeln über die Bedürfnisse der anderen, die ich vielleicht nicht nachvollziehen kann, die aber genauso berechtigt sind, wie meine eigenen. 

Und stellen wir uns doch bitte mal vor, was wäre, wenn wir es schaffen würden, dass auf diese Weise JEDE*R FÜR SICH in all den unendlich vielen kleinen Situationen eines einzigen Tages verantwortlich handeln würde – und dabei fröhlich bleiben würde. Weil niemand einen Zeigefinger erhebt, weil niemand sagt: WENN-DANN, weil niemand sagt: Deine Bedürfnisse sind minderwertig, weil niemand signalisiert: Wie peinlich bist DU denn…?

Dann würde die Suppe der anschwellenden Wut und Angst vielleicht allmählich runter kochen. Weniger Menschen wären außer sich. Mehr Menschen wären wieder BEI SICH. Und wir würden endlich das Gefühl haben, zusammen eine große Krise zu bewältigen. Jede*r von dort aus, wo er/sie/es sich richtig und „ganz“ fühlt. 

Dass das möglich ist, habe ich viele, viele Male im Kleinen erlebt. Deswegen weiß ich, dass es klappen kann. 

Was ich mit den Jugendlichen in der Schule erlebt habe, lässt sich genauso auf die Pandemie-Situation übertragen: 

Augenblicklich jegliche autoritäre WENN-DANN-Pädagogik einstellen und nach den Bedürfnissen der Menschen fragen. Ihnen dann ein Veto Recht einräumen. (Integritätsraum). Dann erklären (!), was der SINN der Sache ist, die wir gerade machen. Dann ein gemeinsames ZIEL formulieren. (Nicht schwierig, denn eine MEHRHEIT in Deutschland ist ja ganz und gar einverstanden mit dem Ziel, siehe oben). Und dann: Schritt für Schritt mit ihnen trainieren, wie sie – auf das gemeinsame Ziel bezogen –  ihr eigenes Wissen und ihre eigenen Stärken einbringen und sich dabei selber steuern können, was ihre Bedürfnisse angeht: Wo kann ich jetzt auf viel verzichten und viel geben – und wo GAR NICHT? Was BRAUCHE ich, damit ich fröhlich sein und deswegen dann auch mitfühlend und  kooperativ mit anderen bleiben kann? – Damit ich SELBST aufs Ziel bezogen Verantwortung übernehmen kann – in diesem Fall: Niemanden gefährde? 

Das wäre – übersetzt – ein konstruktives Veto-Recht.

Wenn eine WENN-DANN-SCHWARZE-PÄDAGOGIK vermieden wird, stattdessen unsere menschlichen Grundbedürfnisse durchaus eine Rolle spielen dürfen und wir uns auf das gemeinsame Ziel bezogen immer wieder neu – auf jede neue Situation bezogen – SELBSTVERANTWORTLICH verhalten können, werden wir uns selbst als wirksamer Teil zur Lösung eines weltweiten Problems begreifen können.

Wir werden das Gefühl haben, dass unser individuelles Leben kohärent bleiben kann, unsere Bedürfnisse berechtigt und sinnvoll und wir selbst gleichzeitig wertvoll für die Gemeinschaft sind. 

Wir wären wieder fröhlich. Und das müssen wir auch. Denn wer zu lange traurig ist, wird krank. Auf das übergeordnete Ziel bezogen also GAR nicht nützlich! 

Also bastelt euch Karten mit den sechs Grundbedürfnissen und euren eigenen persönlichen dazu und hängt sie euch ins Badezimmer. Und fangt wieder an, sie ernst zu nehmen! Und alles weitere: Siehe oben! 

In diesem Sinne: 

BLEIBT GESUND UND FRÖHLICH!